Düngen und Klima
Der in Dünger enthaltene Stickstoff ist ein elementarer Nährstoff aller Lebewesen. Doch in zu hoher Konzentration haben seine Verbindungen fatale Folgen für die Boden-, Wasser- und Luftqualität sowie die Artenvielfalt. (6) Ein wichtiges Ziel für den Klimaschutz ist deshalb, den Ausstoß der Stickstoffverbindung Lachgas deutlich zu mindern. Lachgas ist ein hochwirksames Treibhausgas, dessen maßgebliche Quelle (77 Prozent) landwirtschaftlich genutzte Böden sind. Zudem hat weniger Stickstoff in der Landwirtschaft eine höhere Grund- und Trinkwasserqualität zur Folge. (7)
Die Maßnahme: eine Stickstoffüberschussabgabe
Das 1,5-Grad-Gesetzespaket sieht eine Stickstoffüberschussabgabe vor, die auf einer einzelbetrieblichen Stickstoffbilanz („Hoftorbilanz“) basiert. Sie schafft für die Landwirt*innen einen wirtschaftlichen Anreiz zur Reduktion des Stickstoffeintrags und differenziert nach einzelbetrieblicher Verantwortung. (8)(9) In den Niederlanden trug die Stickstoffüberschussabgabe zu einer spürbaren Verbesserung bei (10), von Sachverständigen und Naturschutzverbänden wird sie schon seit Jahren gefordert. (11) Sie würde nach einzelbetrieblicher Verantwortung differenzieren, d.h. die Landwirte wären verpflichtet, die Stickstoffbilanz aufgrund der Einträge und Abgaben zu berechnen und ggf. eine Abgabe für die Menge des Überschusses zu bezahlen. Dadurch würde auch ein wirtschaftlicher Anreiz zur Reduktion des Stickstoffeintrags geschaffen.
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Welche Chancen und Risiken bieten hier vorgestellten Maßnahmen für den Wandel zu einer klimaneutralen Gesellschaft? Welche Herausforderungen müssen berücksichtigt werden?
Kommentare (19)
Als alternative Maßnahme zur Reduzierung der boden- und trinkwasserbelastenden Stoffe sollte dagegen der Humusaufbau mit Fruchtfolgen und ökologische Landwirtschaft wirtschaftlich honoriert werden, um die Belastungen für die Landwirtinnen und Landwirte auszugleichen und in eine nachhaltigere Richtung zu lenken. Zeitgleich sollte die Initiative der "wahren Preise" bei Lebensmitteln ausgebaut werden, damit man schon jetzt sieht, welche wirtschaftlichen Auswirkungen die Produktwahl der Konsumenten hat. Langfristig wird dann ersichtlich, dass sich die wahren Kosten für ökologische und nachhaltige Landwirtschaft als wirtschaftlicher erweisen, als die konventionelle und umweltbelastende Landwirtschaft. Link zur Initiative: https://www.rundschau.de/artikel/penny-weist-wahre-verkaufspreise-aus/
Den Vorschlag von Antonia finde ich sehr gut, aber nicht alternativ zur Stickstoffüberschussabgabe, sondern ergänzend! Die Abgabe könnte ja auch zur Honorierung / Subventionierung von Humus aufbauenden Bewirtschaftungsmethoden genutzt werden.
Ich bin der Meinung, dass eine Stickstoffabgabe basierend auf einer Formel vor allem zu zwei Sachen führen wird:
1. Tricksereien
2. Sehr viel Verwaltungsaufwand
Deshalb halte ich diese Maßnahme für wenig praktikabel. Klimaschutz sollte nachvollziehbar und einfach zu durchschauen sein, damit jeder den eigenen Impact nicht nur "zahlt" sondern auch versteht.
Mein Wissen im Bereich Landwirtschaft ist zugegebenermaßen sehr begrenzt, aber ein anderer Anreiz den ich im Buch "let my people go surfing" gelesen und für extrem wertvoll in Erinnerung behalten habe, ist die möglichst flächendeckende Wandlung von Acker- und Weideflächen in nachhaltig bewirtschaftete Flächen. Um den Sinn des Ganzen nicht zu verstümmeln habe ich die entsprechende Passage mal 1:1 hier rein kopiert:
A recent study by Technische Universitat Munchen showed that organic farms emit around 20 percent less greenhouse gases per yield unit than conventional farms. The Rodale Institute found that organically managed soils can actually sequester more carbon than they release. They found that if all cropland were converted to the regenerative model, it would absorb 40 percent of annual carbon dioxide releases, and if ranching lands were to do the same, those lands would absorb an additional 71 percent.36 As we confront global climate change, increasing drought, and a diminishing supply of fossil fuels, it’s clearly time to rethink our agricultural practices.
Was genau verstehst du denn unter nachhaltig bewirtschaftete Flächen? Was genau sollten die Kriterien sein?
Die Honorierung der Ökosystemleitung könnte schon durch richtiges Bilanzieren und Buchführung stattfinden. Dazu habe ich einen Vorschlag geschrieben auf Grundlage eines durchgeführten Projektes der Regionalwert AG und der Agronauten e.V..
Ist eine Abgabe wirklich effektiv und wer sollte die Höhe der Abgabe festlegen. Wäre die Anpassung der Grenzwerte und eine effektive Kontrolle nicht zielführender? In dem anderen Diskussion-forum, gibt es den Vorschlag einer Verringerung der Tierbestände. Wenn man die Tierbestände verringern würde, würde das nicht automatisch zur Reduzierung der Düngemengen führen?
Das sehe ich auch so, es muss vor allem der Tierbestand reduziert werden, zum Beispiel durch Bindung der Tiermenge an die Fläche. Damit haben wir allerdings den Kunstdünger noch nicht eingefangen. Vielleicht könnte man Kunstdünger einfach hoch besteuern? Ich suche nach einer einfachen Lösung, die den Bauern nicht noch mehr Verwaltungsaufwand auferlegt.
Max 1,5 Großvieheinheiten pro Hektar sind klimaverträglich, mehr nicht.
Was ist eine Großvieheinheit?
Z.B. eine Kuh.
Hallo Schnico, ja, durch den anderen Vorschlag wären Tierbestände insgesamt reduzierter, aber dabei haben wir noch nicht vermieden, dass zu viel Stickstoff auf einzelnen Flächen landet.
Um es richtig zu verstehen: du wärst eher für einen Grenzwert an maximaler Düngung? Sowas gibt es ja schon über die EU DÜngeverordnung, aber wie die Frage ist, wie man darüber hinaus Anreize für weniger Düngung setzen kann. Hast du dafür Ideen?
Diese Maßnahme sorgt für viel Bürokratie, die Widerstand erzeugt. Daher sollte man die Bürokratie minimieren. Ich sehe Verschiedene Möglichkeiten. Die wichtigste ist, die Kontrolle nicht pro Hof durchzuführen, sondern bei den Erzeugern, denn davon existieren wesentlich weniger und die Kontrolle ist daher viel einfacher. Eigentlich müsste es (wie beim CO2-Rechte-Handel auch) eine stetig zu senkende Gesamtmenge geben, so dass die Böden nach einer angemessenen Zeit (vielleicht 10 Jahre?) wieder nur mit natürlichen Düngemitteln gedüngt wird, so dass es ein langfristiges Gleichgewicht im Stoffkreislauf gibt. Dabei könnten auch genauere Düngemethoden (zielgerichtet auf die Pflanzen oder jahreszeitlich besser abgegeben helfen. Zu diesen müsste man man genauer recherchieren.
Der Lachgas-Erzeugungs-Rechte-Handel müsste also parellel zum CO2-Rechte-Handel ablaufen und könnte (bis auf die unterschiedlichen Erzeuger) in gleicher Weise ablaufen und damit das Gesamtsystem vereinfachen. Solche Systeme neigen jedoch dazu, ausgenutzt zu werden und so die Unwirksamkeit zu verschleiern. So geschehen bei den in der Vergangenheit kostenlos verteilten Zusatz-CO2-Rechten. Einige Lobbyisten wie auch Politiker haben ein Interesse nach außen einen funktionierenden Mechanismus zu präsentieren, ihn aber durch Wahl oder Beeinflussung der Parameter zu konterkarieren.
Deshalb muss das Gesetz auf jeden Fall enthalten:
- Klare einfache Regeln
- Klare zielgerichtete Budgets, die sie über lange Zeit in der Zukunft planbar reduzieren.
- Transparenz durch detaillierte Nachvollziebarkeit, die auch jedem Bürger möglich sein soll (z.B. Durch ein Portal, das die Mengen für Gesamtdeutschland, einzelne Regionen bis hinunter zu einezelnen Unternehmen offenlegt und zudem Über- wie Unterschreitungen klar erkenntlich macht).
Würde sich die Stickstoffbelastung nicht von selbst erledigen, wenn sich der Tierbestand massiv reduziert? Dann muss man nicht über eine Abgabe diskutieren. Unnötige Bürokratie!
Nicht zwangsläufig. Die Düngegaben aus organischer Herkunft sind bereits gesetzlich (170kg N/ha) begrenzt, mineralische Düngegaben sind es nicht.
Sehe ich genauso, wenn Tierhaltung wieder an Fläche gebunden ist (1 GVH/Hektar), haben wir keine Stickstoffüberschus mehr.
@christina: soweit ich weiß, sind Landwirte sowieso schon zur Erstellung einer Hoftorbilanz verpflichtet. Findest du es trotzdem zu viel Bürokratie?
Idealerweise müssten Landwirte Treibhausgaszertifikate kaufen in dem Maß, in dem sie etwa Ammoniak oder Lachgas emittieren. Dies würde natürlich auch für Methan aus der Viehhaltung gelten.
Die Menge an Dünger und an Gärresten sowie an Vieh in eine Tabelle einzugeben ist nicht so viel Arbeit, die meisten Zahlen sind für betriebswirtschaftliche Abrechnungen bereits bekannt. Ggf. könnte hier eine standardisierte Software die Rechnungen vereinfachen.
Was ist an Zertifikaten besser als eine CO2e Abgabe?
Nicht nur der Gülleüberschuss ist relevant, sondern die gesamte Düngermenge muss im Auge behalten werden. Des Weiteren spielte auch die Ackerkrumme eine Rolle. Durch das Pflügen werden Mircoorganismen durch das Licht abgetötet, die wichtig für das Aufschließen von Nährstoffen verantwortlich sind. Eine minimale Bodenbearbeitung (Grubber und Sämaschine kombiniert) trägt zu gesünderen Böden bei. Auch muss ein großer Teil des Strohs auf dem Acker verbleiben. Besser wäre der sogenannte Dung oder Mist, da das Stroh durch den Kot sowie Urin versetzt und leicht verrottet ist, auszubringen der leichter durch die Bodenorganismen aufgeschlossen wird.