Hintergrund
Am Einsatz von Strom aus erneuerbaren Energien in allen Sektoren als Ersatz für fossile Energieträger führt kein Weg vorbei. Dabei muss jedoch verhindert werden, dass der Einsatz von erneuerbar erzeugter Energie in einem Sektor nach der Übertragung und Nutzung in einen weiteren Sektor nochmals angerecht werden kann. Vielmehr sind Mechanismen nötig, die sicherstellen, dass zum Beispiel bei der Überprüfung von Treibhausgasminderungszielen die erneuerbare Energiemenge in nur einem Endverbrauchssektor Berücksichtigung findet. Ebenso darf auf europäischer Ebene die eingesetzte Menge von erneuerbarer Energie nur in einem Mitgliedstaat berücksichtigt werden, wenn die Energie ihren Weg in weitere Mitgliedstaaten findet.
Die Ansätze
Um dies sicherzustellen, schlägt das Maßnahmenpaket von GermanZero unter anderem folgende Möglichkeiten vor:
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Welche Chancen und Risiken bieten hier vorgestellten Ansätze für den Wandel zu einer klimaneutralen Gesellschaft?
Welche Herausforderungen müssen berücksichtigt werden?
Kommentare (17)
Für den Sektor "Energie" haben wir die Kommentierung am 22. April beendet. Die Ergebnisse werden jetzt für die weitere Gesetzesarbeit ausgewertet.
Warum muss hier überhaupt ein kompliziertes und schwer transparent zu machendes System eingeführt werden? Warum sind erneuerbare Energien nicht das neue Normal und fossile Energieen müssen ihre Nütlichkeit trotz stark steigenden CO2-Preise erweisen. Dies könnte in einer strikten Trennung in die verschiedenen Energieherkünfte münden. Ein Unternehmen darf nur Strom einer bestimmten Herkunft (staatlich zertifiziert) verkaufen. CO2-belastete Stromerezugung bleibt bei einem an der Quelle (d.h. bei einem Unternehmen, das z.B. Kohle in Strom verwandelt) abzuführenden CO2-Preis (der vielleicht anders als in anderen Sektoren gestaltet werden kann) nur so lange konkurrenzfähig, wie nicht genügend EE-Strom vorhanden ist und der CO2-Preis noch nicht hoch genug ist.
Lieber Christoph, eigentlich ist das schon so. Die Konzerne der Energiebranche, die also Strom erzeugen, müssen seit längerem schon Co2-"Verschmutzungsrechte" kaufen. Dieser EU-weite Emissionshandel war aber aufgrund fehlender Knappheit dieser Rechte bislang unwirksam (teilweise unter 5€/t). Erst 2019 wurden die Rechte verknappt und die Preise zogen an, letztes Jahr jaufte RWE noch günstig Rechte für deren Kohlekraftwerke bis etwa 2030, was zu einem Kurssprung auf fast 50 € führte. Also immer noch nicht viel.
Der jetzt national hinzugekommene CO2-Preis betrifft nur den Endkundenmarkt mit fossilen Energieträger, der vom EU-Emissionszertifikatehandel bislang ausgenommen war.
Das Energierecht insgesamt ist einfach extrem komplex und muss natürlich vereinfacht und der CO2-Preis wirksam und planbar auf alle Branchen angewendet werden.
Das hier angesprochene Problem ist eher die andere Seite, nämlich die Ausweisung der Einsparungen im Vergleich zu 1990, die in der internationalen Klimapolitik eine Rolle spielen.
Das Ganze ist also historisch gewachsen. Am Ende hast Du natürlich recht, dass man eigentlich nur eine CO2-Zählweise braucht... LG!
Kleine Korrektur, die EU-Emissionsrechte stiegen nur auf 25 €/t. LG!
Momentan ist die dritte Phase beendet, die nächste Handelsphase bis 2030 soll das Ziel 55% Reduktion implementieren.
Insgesamt also wirklich komplex!
Ja vieles wird durch ein gewachsenes, kompliziertes System verhindert. Ein theoretisch guter Zertifikate-Handel wird erst durch die richtigen Parameter (Mengen und Grenzpreise sowie eine konsequente Überwachung) tatsächlich wirksam. Die Verlagerung auf besser kontrollierbare Quellen (und sowohl Kohleabbau als auch Öl- und Gas-Importe sind nicht leicht zu verstecken) wäre daher auch für unsere Klimamaßnahmen m.E. ein effizienzsteigerndes Element.
Ich glaube das angesprochene Problem zu verstehen, doch scheint mir die Ursache intransparent zu bleiben und damit ist es schwer, wirklich an den Ursachen zu arbeiten statt an den Symptomen. Vielleicht kann man es mit den Erkenntnissen und Lösungen im Finanzmarkt besser verstehen? Indem dort die Eigenkapitalanforderungen erhöht werden, reduziert man die Blasen-Geschäfte. Übertragen auf den Energiesektor: Wenn alle Erzeuger mit einer planmäßig wachsenden Direktvermarktungsauflage belastet werden, sinkt evtl. (laut Theorie) die Markteffizienz, doch werden auch Auswüchse durch derivate Geschäfte begrenzt, die hier nun wieder durch zusätzliche Transaktionskosten reguliert werden sollen. Der direkte Weg verhindert die Entfremdung, schafft Vertrauen und eine Rückkopplung an die natürlichen Lebensgrundlagen, ohne die verschleiernden Umwege über Finanzsysteme und Handelsblasen zu nehmen.
Lieber Norbert, dieses Problem tritt u.a. auf, wenn im Gebäudesektor die Wärme mithilfe von nach EEG vergüteter Biomethan-KWK gewonnen wird. In diesem Fall kann sich der Gebäudebetreiber die CO2-Minderung nach Bilanzierung gemäß Gebäudeenergiegesetz gutschreiben. Gleichzeitig wird EEG-Strom mit 0 g/CO2 ins Netz eingespeist und mindert dort die Emissionen durch Verdrängung von kohlehaltigem Grundlastmix.
Während es natürlich Sinn macht KWK im Gebäudebereich (also beim Errichter und Betreiber der Anlage) zu fördern darf dann die Emissionsreduktion nicht nochmal im Stromsektor angerechnet werden. Hier existieren keine klaren Vorschriften, welchem Sektor die über KWK geminderten Emissionen zugeschrieben werden - Strom oder Wärme.
Die Minderung als relative Änderung ist dabei aber nur die eine Seite. Die absoluten Emissionen sollten hier vorrangig betrachtet werden. Hierfür existieren mögliche Allokationsregeln, bspw. über den Wirkungsgrad oder den Exergiegehalt. Diese können dann wieder mit einem Referenzwert verglichen werden, um Minderungen auszuweisen. Langfristig sind möglichst geringe absolute Emissionen aber das Ziel.
Ähnliches kann passieren wenn eine PV-Anlage Strom einspeist und Emissionen durch Verdrängung scheinbar gemindert werden, gleichzeitig aber eine Wärmepumpe wiederum Strom verbraucht, ggf. mit höheren Grenzemissionen. Wichtig ist hierbei wiederum eine möglichst absolute Betrachtung der sektorweisen Emissionen, wobei eben auch bei der Wärmepumpe entschieden werden muss, ob die Emissionen dem Strom- oder Wärmesektor zuzurechnen sind. Dort tauchen sie ggf. in beiden Sektoren auf.
Die Beispiele machen die Probleme deutlich die zum einen mit dem Begriff Klimaneutralität und zum anderen besonders im Zusammenhang mit Sektorenkopplung auftreten. Absolut betrachtet emittieren auch erneuerbare Energiequellen im Lebenszyklus Treibhausgase, relativ führen sie aber zu Einsparungen und sind damit Klima-positiv. Beides muss abgebildet werden. LG!
Ja, eine Präzisierung von was "grüner" Strom ist halte ich für sinnvoll. Bei z.B. Photovoltaik, Windkraft, usw. ist es natürlich sehr eindeutig (vorausgesetzt die Herstellung ist nachhaltig, und die Windräder sind ). Andererseits z.B. bei Biogasanlagen kommt es darauf an, welcher Brennstoff/Grundstoff genutzt wird und wie dieser angebaut wird. Sicherlich sind irgendwelche gezüchteten Mais-Monokulturen auf trockengelegten Mooren nicht sinnvoll. Klarerweise darf der Anbau des Brennstoffs nicht gegen die landwirtschaftlichen Maßnahmen von GermanZero stehen. Außerdem scheint auch noch nicht so klar welche Getreidearten and ihre Anbauarten die optimalen sind. Ein weitere Kritikpunkt ist, dass z.B. Biomais/Fläche eine geringe Energiedichte hat als Photovoltaikanlagen/Fläche. Das bedeutet vielleicht ist es besser Photovoltaikanlagen auszubauen und Flächen für Nahrungsmittel frei zu machen als Flächen für Biogasanlagen zu verwenden. Biogas kann weiterhin sinnvoll sein, allerdings sollte man vielleicht auf Anbau verzichten und nur Bioabfälle (Gülle, etc.) erlauben. Das muss weiter untersucht werden und dann klare Vorschriften gemacht werden. Am Ende darf es keine Bezeichnung als "grünen Strom" geben für fragliche Konzepte.
Hallo Marcel, Danke für Deine Antwort. Kannst Du zu Deinen Aussagen ggf. noch einige Quellen nennen, z.B. in Bezug auf Biogasanlagen oder "optimalen" Getreidearten? Danke und liebe Grüße, Christina
2. Ähnliche Probleme gibt es beim Biokraftstoff(wenn auch kein Strom):
https://de.wikipedia.org/wiki/Biokraftstoff
https://de.wikipedia.org/wiki/Bioethanol Klimabilanz
Kritik an Biokraftstoff in Bezug auf Nahrungsmittelkonkurenz:
https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/faz-net-spezial-energie-vom-acker-1236426.html
https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/foodwatch-gruender-bode-wir-zahlen-noch-nicht-die-zeche-fuer-den-biosprit-1459870.html
Hier ein Artikel der FAZ indem die Leopoldina vor der Verwendung von Biosprit warnt:
https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/kritik-an-energiepolitik-der-eu-nationalakademie-warnt-vor-biokraftstoff-11831789.html#lesermeinungen
Zusätzlicher Artikel
https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/bundesamt-fuer-naturschutz-der-anbau-von-mais-wird-zu-stark-gefoerdert-11834665.html
Biosprit hat eigentlich Vorteile, weil kein Rohöl verbraucht wird scheint aber je nachdem aus was es hergestellt wird eine schlechte Klimabilanz zu haben, scheinbar haben z.B. Raps eine schlechtere Klimabilanz als Benzin/Diesel, nur aus Zuckerrohr hergestellter Biosprit zeigt eine bessere Klimabilanz, (wenn man den Studien trauen kann), siehe den Artikel https://doaj.org/article/0841153fea104f4086b01b941d9565a8
Energie/ Kraftstoff aus Biomasse wird einen großen Beitrag zum Klimaschutz leisten aber nur, wenn klar erforscht ist, welche Dinge bringen wirklich was und welche nicht. Deshalb ist es vielleicht interessant weiter in diese Richtung zu Forschen oder Modellprojekte zu betreuen bevor man solche Wirtschaftsmodelle zulässt. Am Ende darf nur bei sicherem Wissen darf das Label „grüner Strom/Kraftstoff“ vergeben werden.
Natürlich gibt es viele weitere Vor- und Nachteile, die jetzt nicht genannt wurden.
Vielen Dank für diese Links Marcel!
Hier noch der Link zur Einschätzung der Leopoldina von Bioenergie, weil mir das doch zentral erscheint:
https://www.leopoldina.org/publikationen/detailansicht/publication/bioenergie-moeglichkeiten-und-grenzen-20122013/
Viele Grüße, Marcel
1. Hallo Christina. Sehr gerne kann ich das noch etwas ausführen.
Eine generelle Übersicht gibt es im Buch
Volker Quaschning: Erneuerbare Energien und Klimaschutz, 2.Auflage ,
2010, Carl Hanser Verlag München. Insbesondere in Kapitel 12 wird Energie aus Biomasse diskutiert. Eine erste Kritik findet man in Abschnitt 12.7. Ökologie.
Die Wikipedia Seiten und den dortigen Quellen(mit dem üblichen Fragezeichen):
https://de.wikipedia.org/wiki/Biogas
https://de.wikipedia.org/wiki/Energiemais
Zur Energiedichte von Biogas, siehe
https://biogas.fnr.de/daten-und-fakten/faustzahlen/
Die Biogasausbeute für verschiedene Substrate kann hier gefunden werden:
http://www.bosy-online.de/biogas/basisdaten-biogas-fnr.pdf
hier ist Energiemais vorne.
Leider hab ich nichts zum Thema gefunden was die nachhaltigste klimafreundlichste Anbauart ist, oder ob man besser gänzlich auf Biogas verzichtet, es bleibt vermutlich noch unklar.
Hierzu und zu anderen Problemen wie z.B. Austreten von Methan bei der Biogasproduktion, siehe den Artikel
https://www.biooekonomie-bw.de/fachbeitrag/aktuell/wie-effizient-und-klimafreundlich-ist-die-biogasproduktion
Interessanter Artikel in der Zeit, über Energiemais, Trockenlegung von Mooren und einer neuer Idee(leider hinter einer „Pay wall“):
https://www.zeit.de/2021/11/energiemais-biogas-moor-paludikultur-co2-klimaschutz
Lieber Marcel, danke für die Links. Beim Biogasmais scheiden sich deutlich dir Geister. Positiv sind die hohen Erträge, geringe Wasser, Dünger und Pestizid/Herbizideinsatz (im konventionellen Landbau). Negativ ist vor allem, dass er windbestäubt ist. Daher ist er eine Insektenwüste. Leider hängt der hohe Ertrag an vergärbarer Biomasse unter anderem daran, dass es eben keine Blühpflanze ist, die noch geringere Energieausbeuten besitzen.
Strittig ist die Wirkung auf den Boden (Humusbilanz). Ganz klar ist, dass es bei umgebrochenem Grünland hohe CO2-Emissionen aus dem Abbau von im Boden als Humus gespeichertem Kohlenstoff gibt.
Auf guten Böden gilt Mais daher als humuszehrend.
Auf intensiv genutzten, humusarmen Böden ist der Anbau humusneutral, teilweise durch Eintrag von Pflanzenresten durch Wirtschaftsdünger auch leicht humusaufbauend - jedenfalls besser als bei Hackfrüchten und nur wenig schlechter als bei Getreide. Bei Mais bleiben die Wurzeln und Strünke ebenfalls im Boden und sorgen für Humusaufbau.
Hinzu kommt, dass Mais nach guter Praxis in Fruchtfolge angebaut wird, die dann auch bodenverträglicher ist.
Diese Punkte müssen dann mit der Kostenseite dahingehend abgewogen werden, dass Biomethan und Biogasstrom/-Wärme das Potential zur Regelung hat und problemlos ins Edgasnetz eingespeist werden kann.
Zudem ist er eine Quelle biogenen Kohlenstoffs. Das könnte in Zukunft ein besonders wichtiger Aspekt sein, denn biogenes CO2 wird unter anderem für synthetisches Methan, Kraftstoffe und Kunststoffe benötigt.
Zudem sollte beachtet werden, dass nur 20 % des in D angebauten Maises Energiemais ist. 80 % sind Futtermais. Dabei liefert Biomasse (und das ist fast ausschließlich Biogas) 7 % der Bruttostromproduktion in Grundlast und regelbar.
Ein starker Ausbau ist also aus ökologischen Gründen nicht sinnvoll. Aber trotzdem sollte Biomasse insgesamt nicht verteufelt werden.
Natürlich ist eine effiziente Nutzung angeraten.
Die Anlagen der ersten Generation ohne Wärmenutzung laufen jetzt aus. Aufbereitung zu Biomethan, Nutzung dann in KWK und Nutzung des bei der Aufbereitung abgeschiedenen CO2 ist eine wichtige Option, die in Zukunft auch mit weniger Mais im vergorenen Substratmix auskommen wird (Maisdeckel).
Das nur zur Differenzierung, im Allgemeinen hat Herr Quaschnig natürlich Recht.
Bezieht sich der Vorschlag nur auf regenerativ erzeugten Strom, oder auch auf weitere regenerative Energien (z.B. grünen Wasserstoff)? Soweit ich die aktuellen Diskussionen verstanden habe, soll nicht nur Reg. Strom mehrfach (z.B. 4fach) angerechnet werden dürfen, sondern auch grüner Wasserstoff?
Dies birg aus meiner Sicht das Risiko, dass THG Reduktionen nicht real stattfinden, sondern nur fiktiv durch Mehrfachanrechnung vorgegaukelt werden und somit der Druck genommen wird, wirklich was zu tun.
Danke für Deinen Kommentar. Das sollte natürlich durch unser Gesetzespaket verhindert werden, auch im Fall regenerativer grüner Gase wie bspw. grünem Wasserstoff!